Brasilien wehrt sich und leugnet
An
den Finanzmärkten herrscht kein Zweifel daran, dass diese Volten nicht
allein freien Marktkräften geschuldet sind. Vielmehr sind Analysten der
Meinung, dass die brasilianische Zentralbank systematisch am
Devisenmarkt intervenierte, um den Real durch Dollarkäufe zu schwächen. Brasilien
war eines der ersten Länder, das sich wehrte. Am 12. April 2008
notierte der Dollar bei 2,51 Real. Ein Wechselkurs, von dem die
brasilianische Wirtschaft Jahre später nur träumen konnte: Am 26. Juli
2011 bekam man an den Devisenmärkten für einen Dollar lediglich 1,53
Real. Am diesem Montag lag der Wert wieder bei 2,03 Real. Bis
vor kurzem hatte die Regierung dies jedoch noch geleugnet, auch wenn
Finanzminister Guido Mantega 2010 als erster Politiker von einem
weltweiten „Währungskrieg“ sprach, gegen den sich Brasilien wehren
müsse. Industrieländer und China schwächten seiner Ansicht nach ihre
Währungen künstlich, um Handelsvorteile zu erlangen. Ende vergangenen
Jahres gab er dann erstmals offiziell zu, den Wechselkurs steuern zu
wollen.
Kapitalflussbremse
Mit
den Zinsreduktionen und kurzfristig wirkenden Kapitalkontrollen
verringerte sich der spekulative Zufluss ausländischen Kapitals auf der
Suche nach hochverzinslichen Anleihen in Real. Im vergangenen Jahr
lockerte Brasilien daher etwas die Interventionen. Der Zentralbank kam
auch die geringeren Exporterlöse zu Hilfe, weil der weltweite Hunger
nach brasilianischen Rohstoffen nachließ. In
der Tat: Zuerst erhöhte Brasilien 2010 seine Steuer auf ausländische
Kapitalerträge von 2 auf 4 Prozent und senkte sodann nach und nach die
Leitzinsen. Im August 2011 reduzierte die Banco Central do Brasil den
Leitzins, obwohl damals große Inflationssorgen herrschten. Nach
insgesamt zehn weiteren Herabstufungen ist der Leitzins seither von 12,5
Prozent auf 7,25 Prozent gesunken. Weil
dadurch weniger Devisen nach Brasilien flossen als in den Jahren davor,
ließ der Aufwertungsdruck auf den Real nach. Zuletzt jedoch floss
wieder mehr Geld in das Land, weil eine Reihe brasilianischer
Unternehmen Anleihen ausgab. Darunter war auch ein Bond über 7
Milliarden Dollar des staatlichen Ölkonzern Petrobras. Aufgrund der
höheren Renditen in den Schwellenländern nahm hier auch und die
Nachfrage wieder zu.
Preisblasen durch Kapitalzufluss
In
Norwegen sehen Experten wegen der hohen Auslandsnachfrage eine
Preisblase am Immobilienmarkt. Zumindest wird Währungen wie der
norwegischen Krone und vor allem dem australischen Dollar
Aufwertungspotential zugesprochen, ebenso dem Schweizer Franken. Auch
andere Länder, die reich an Rohstoffen sind, erlebten in den
vergangenen Jahren Aufwertungen ihrer Währung, darunter Australien und
Norwegen. Das von den Notenbanken der Industrieländer frisch geschaffene
Geld fließt eben auch in Rohstoffe und schiebt die Konjunktur dieser
Länder an - manchmal bis zur Überhitzung.
Schweizer ErfolgeDas Kalkül ging auf: Der Kurs hielt, und seitdem die Anleger weniger auf den Zerfall des Euroraumes setzen, wertet der Euro zum Franken sogar auf. Derzeit müssen für einen Euro wieder 1,25 Franken bezahlt werden. Die Unternehmen atmen auf, das Wirtschaftswachstum legte leicht zu. Die Notenbank der Schweiz, bis dahin eine der konservativsten Zentralbanken überhaupt, hat in den vergangenen fünf Jahren ihre Bilanz verfünffacht. Das zusätzliche Geld hat sie überwiegend dazu verwendet, die Aufwertung der Schweizer Währung zum Euro zu stoppen. Schon im Juni 2009 intervenierte die SNB bei Kursen von 1,50 Franken je Euro, weil sie die Gefahr einer Deflation witterte. Als der Franken im September 2011 fast einen Euro wert war und Export- und Tourismusindustrie über den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit klagten, verlor die Schweizer Notenbank alle Zurückhaltung. Sie teilte mit, sie werden jeden Euroverkäufer zu Kursen von 1,20 Franken je Euro bedienen. Die Schweiz hat also, so wie es derzeit aussieht, den „Währungskrieg“ gewonnen. Doch der Preis war hoch: Die Bilanzsumme der SNB ist auf 75 Prozent einer Jahreswirtschaftsleistung der Schweiz (BIP) angeschwollen. Die Vermögen in der Bilanz der Notenbank sind selten in Franken bewertet; nach Daten vom September hält die SNB vielmehr zu 48 Prozent in Euro und zu 28 Prozent in Dollar denominierte Wertpapiere. Damit ist die SNB sehr abhängig von Wechselkursschwankungen.
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